Der Schutz von Kindern ist keine Verhandlungssache
Seit Februar 2018 gilt in Deutschland das „Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“ – die Istanbulkonvention.
Die Ratifizierung hat leider nicht dazu geführt, dass beteiligte Behörden, Ämter und Fachkräfte, notwendige Veränderungen in ihren Arbeits- und Verhaltensweisen aufzeigen. Das heißt, der Schutz von Erwachsenen und ihren Kindern vor häuslicher Gewalt scheint nach wie vor eine zu vernachlässigende Aufgabe zu sein. Insbesondere zeigt sich das in den professionell unterstützten Umgangsregelungen bei einer Trennung der Eltern nach häuslicher Gewalt. In den meisten Fällen erleben wir als Interventionsstellen , dass das Recht auf Umgang des gewaltausübenden Elternteils stärker als der Schutz des Kindes und des gewaltbetroffenen Elternteils gilt.
Trotz verschiedener Studien, die aufzeigen, dass das Miterleben häuslicher Gewalt langfristige schwerwiegende Folgen bei Kindern hervorruft, werden Verfahrensabläufe nicht geändert. Ebenso werden die erhöhten Verletzungs- und Sterberisiken des gewaltbetroffenen Elternteils infolge von Umgangsvereinbarungen nicht durch Gefährdungsanalysen abgeklärt. Stattdessen werden gerichtliche Anordnungen mit umfangreichen, unbegleiteten Umgängen damit begründet, dass die gewaltausübenden Elternteile nie die Kinder misshandelt hätten und damit die Qualitäten als kompetentes Elternteil nicht infrage zu stellen sind. Zudem werden zur Sicherstellung der elterlichen
Kommunikation gemeinsame Paargespräche gerichtlich angeordnet, anstatt Einzelgespräche zu bevorzugen, die immerhin rechtlich möglich wären.
EU-Ratspräsidentschaft nutzen
Mit dem Beginn der EU-Ratspräsidentschaft von Portugal, Slowenien und Deutschland haben sich die drei Staaten unter anderem dazu verpflichtet, höhere Schutzstandards für gewaltbetroffene Frauen zu installieren. Dazu ist es allerdings notwendig bereits bestehende rechtliche Regelungen zu implementieren, sei es in Beratungsstellen, Jugendämtern oder Gerichten.
Aus diesem Grund wollen wir mit dieser Postkartenaktion auf die Istanbulkonvention und das damit verbundene geltende Recht aufmerksam machen. Nur durch das konsequente Umsetzen der gesetzlichen Regelungen der Istanbulkonvention können diese auch wirkungsvoll und nachhaltig vor häuslicher Gewalt schützen.
Die Kinder- und Jugendberater*innen der Interventionsstellen gegen häusliche Gewalt und Stalking in M-V
14.09.2020